Ringelschwanz-Prämie

Tierschutz dank Ringelschwanz-Prämie?

Die Ringelschwanz-Prämie ist eine vom niedersächsischen Agrarministerium geplante Bonuszahlung für Schweinehalter, die auf das Kupieren der Ringelschwänze ihrer Tiere verzichten. Landwirte, die Durchgänge mit intakten Ringelschwänzen anmelden, können auf eine Prämie von mindestens 16 Euro pro Tier hoffen. Die Maßnahme soll dem Tierschutz dienen, da das Kupieren von Schwänzen oft als Tierquälerei angesehen wird. Allerdings steht die Ringelschwanz-Prämie sogar bei Tierschützern in der Kritik, da sie in der Praxis sogar zu mehr Tierquälerei führen könnte.

Warum werden Schweine kupiert?

In Deutschland gilt das Kupieren des Schwanzes frisch geborener Ferkel als Standard in den Mastbetrieben. Dabei wird das Schwanzende mit einer Zange abgetrennt, wodurch der Schwanz seine typische Ringelform verliert. Bis zum vierten Lebenstag ist eine Betäubung des Tieres nicht gesetzlich vorgeschrieben, sie darf allerding lediglich durch einen zugelassenen Tierarzt durchgeführt werden. Bei älteren Tieren ist eine Narkose dagegen zwingende Voraussetzung. Diese Maßnahme gilt bei vielen Tierschützern zwar als Tierquälerei, dient letztendlich aber dem körperlichen Wohl der Schweine. Denn in der Stallhaltung kommt es ohne das Kupieren regelmäßig zu Kannibalismus. Die Tiere beißen sich gegenseitig die Schwänze ab und verletzen dabei nicht selten das Rückenmark. Dadurch kann es neben Wundinfektionen und starken Schmerzen für die Tiere sogar zu Querschnittslähmungen kommen.

Schweinemast & Schweinefütterung

Die möglichen Ursachen für diesen Kannibalismus sind vielfältig. Häufig werden solche Verhaltensmuster durch Stress wie Futterneid, mangelnde Hygiene oder zu enge Haltebedingungen hervorgerufen. Selbst eine optimale Schweinehaltung ist aber keine Garantie für das Ausbleiben von Kannibalismus. So kann es immer wieder zu Streitigkeiten und Rangkämpfen unter den Tieren kommen, in deren Verlauf sie sich gegenseitig in den Schwanz beißen. Das Kupieren ist deshalb das einzige Mittel, das Kannibalismus unter den Schweinen sicher ausschließen kann. Allerdings kann das Risiko auch ohne Kupieren zumindest reduziert werden. Neben grundlegenden Maßnahmen wie guter Hygiene und Getreidequalität, ausreichend Platz an den Futterstellen sowie ständiger Beobachtung hat sich vor allem die Schaffung von Beschäftigungsmöglichkeiten als effektiv erwiesen. Viele Betriebe bieten ihren Tieren mittlerweile Strohautomaten an, bei denen diese selbst aktiv werden müssen. Untersuchungen haben gezeigt, dass eine derartige Beschäftigung im Zusammenspiel mit den übrigen Maßnahmen zu einem deutlichen Rückgang von Kannibalismus führt.

Ist die Ringelschwanz-Prämie kontraproduktiv?

Die geplante Prämie sieht eine Bonuszahlung nur für gesunde Tiere mit vollständigen Schwänzen vor. Der Anteil der Tiere mit durch Kannibalismus verletzten Schwänzen darf lediglich 30 Prozent pro Durchgang betragen. Wird diese Quote überschritten, wird auch für die gesunden Tiere keine Prämie gezahlt. Auf den ersten Blick stellt die Ringelschwanz-Prämie damit einen Anreiz zu einer artgerechten Schweinehaltung dar. Selbst viele Tierschützer sind jedoch der Meinung, dass das Kupieren der Ringelschwänze im Vergleich zum möglichen Kannibalismus eine geringere Belastung für die Tiere darstellt. Außerdem sei die Akzeptanz von 30 Prozent durch Kannibalismus verstümmelter Tiere viel zu hoch. Es stehe zu befürchten, dass die Betriebe den Kannibalismus zukünftig nicht mehr effektiv unterbinden werden, um die Prämie zu kassieren. Der Anteil an unversehrten Ringelschwänzen müsse deshalb drastisch erhöht werden.

In der Tat haben mehrere Untersuchungen belegt, dass Kannibalismus unter Schweinen zwar nie ganz ausgeschlossen werden, wohl aber deutlich reduziert werden kann. In der derzeitigen Ausgestaltung setzt die Ringelschwanz-Prämie aber kaum Anreize, die Fälle von Kannibalismus auf ein Minimum zu reduzieren. Stattdessen kann die noch akzeptierte Häufigkeit von Verstümmelungen in Höhe von 30 Prozent selbst in Betrieben mit schlechten Haltebedingungen erreicht werden. In ihrer derzeitigen Form ist die Ringelschwanz-Prämie deshalb nicht dazu geeignet, dem Tierschutz zu dienen.