Muttergebundene Kälberaufzucht
Kälber sind MutterkinderDie Rolle der Mutter für Kälber
Kälber besitzen einen selbst für Säugetiere sehr starken Mutterinstinkt. Bereits unmittelbar nach der Geburt wird das Verhältnis zwischen Kuh und Kalb intensiv geprägt. Besonders die ersten drei Stunden nach der Geburt sind für dieses Verhältnis von entscheidender Bedeutung. Die Kuh leckt das Kalb sorgfältig ab und muht dabei, das Kalb wird seine Mutter bereits nach wenigen Tagen an ihrer Stimme erkennen. Durch das Säugen nimmt das Kalb auch die für die körperliche und gesundheitliche Entwicklung wichtige Biestmilch auf. Wissenschaftliche Untersuchungen haben längst belegt, dass die Dauer dieser Biestmilchphase die größte Rolle für die Tiergesundheit und spätere Leistungsfähigkeit spielt.
Bereits nach zwei Wochen wird das Kalb von der Mutter in die Herde eingeführt. Es schließt sich in der Regel einer Kuhgruppe an, doch selbst in dieser Phase ist die Bindung zwischen Mutter und Kalb noch sehr stark. So wird die Mutter ihr Kalb immer wieder aufsuchen, um es zu stillen oder abzuschlecken. Weibliche Jungtiere werden von Kuh in der Regel nach fünf Monaten, Jungbullen dagegen nach acht Monaten abgesetzt. In der natürlichen, muttergebundenen Kälberaufzucht spielt die soziale und biologische Beziehung zwischen Mutter und Kalb also eine entscheidende Rolle.
Wenn Kälbern die Mutter fehlt
Aus wirtschaftlichen Gründen ist die muttergebundene Kälberaufzucht heute jedoch kein Standard in deutschen Betrieben mehr. Im Durchschnitt werden die Tiere bereits nach 3,5 Tagen, also deutlich vor Abschluss der Prägephase, voneinander getrennt. Die wichtige Biestmilch wird entweder mit gefrorenen Vorräten oder Milchaustauscher ersetzt. In Vergleichsstudien wurden jedoch deutliche Nachteile dieser Form der Kälberaufzucht festgestellt. Insbesondere sind früh von der Mutter getrennte Kälber deutlich anfälliger für Krankheiten und bleiben auch in der Lebensleistung hinter ihren bei der Mutter aufgewachsenen Artgenossen zurück.
Auch zeigte sich, dass die Häufigkeit von Krankheiten wächst, je früher die Kälber vom Muttertier getrennt werden. Die gesetzlichen Regeln zum Füttern von Jungtieren genügen bei Weitem nicht, um dieses Risiko zu beseitigen. Darüber hinaus treten bei zu früh getrennten Kälbern häufig Verhaltensauffälligkeiten auf. Der Trennungsschmerz äußert sich dann beispielsweise dadurch, dass die Kälber versuchen, bei fremden Tieren oder Stalleinrichtungen zu säugen oder die Nahrungsaufnahme verweigern. Die muttergebundene Kälberaufzucht vermeidet diese Probleme und garantiert eine besonders natürliche und gesunde Lebensweise von Mutterkuh und Kalb.